»AKTION T4«

Heinrich Biester wuchs in Hannover-List auf. Er wollte Musiker werden und studierte ab 1924 Musik und Gesang in Hannover und Wien. Ein Studium in den USA war geplant. Doch dann erkrankte er und kehrte 1926 nach Hause zurück. Sein Zustand besserte sich nicht, und so kam er 1927 in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg. Dort war sein Onkel Heinrich Mund seit 1907 Anstaltspfarrer. Er sollte auf seinen Neffen aufpassen. Heinrich Biester nahm an den Gottesdiensten in der Anstalt teil und spielte dort Geige. Doch dies schützte ihn nicht. Er wurde am 21. Mai 1941 in der Tötungsanstalt Hadamar ermordet. Seine Angehörigen hatten sofort den Verdacht, dass ein Verbrechen geschehen war. Die christlich geprägte Familie verzichtete darauf, die Urne mit seiner vermeintlichen Asche überführen und zu Hause bestatten zu lassen.
Die zentrale, planmäßig gesteuerte Ermordung von erwachsenen Psychiatriepatient*innen begann im Jahr 1940 nach Einführung der Meldepflicht und der Einrichtung von Tötungsanstalten. Diese Anstalten waren zwischen 1940 und 1941 Brandenburg an der Havel, Bernburg, Grafeneck, Hadamar, Hartheim und Pirna-Sonnenstein. Die der Kanzlei des Führers direkt unterstellte Verwaltungszentrale hatte bis März 1945 ihren Sitz in einer Villa in der Berliner Tiergartenstraße 4, weshalb heute von der »Aktion T4« gesprochen wird.
Im Rahmen der »Aktion T4« sollten Erkrankte ermordet werden, die länger als fünf Jahre in einer Anstalt waren, als nicht arbeitsfähig galten und wenig Kontakt zu Angehörigen hatten. Aus Lüneburg wurden 483 Erkrankte verlegt, auch ohne diese Anforderungen zu erfüllen. 479 von ihnen wurden ermordet. Alle wurden mit Kohlenmonoxid erstickt. Der Mord blieb nicht geheim und es gab Widerspruch vom Justizministerium, von Familien und der katholischen Kirche. Im August 1941 stoppten die Nationalsozialisten die »Aktion T4« offiziell.
Die Verlegungen der Lüneburger Erkrankten in die Tötungsanstalten Brandenburg und Pirna-Sonnenstein sowie in die Zwischenanstalt Herborn fanden mit Personenzügen statt. Nur bei der Verlegung von der Zwischenanstalt Herborn in die Tötungsanstalt Hadamar wurden Reichspostbusse eingesetzt.
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