ZWANGSSTERILISATION

Hochzeitsfoto von Erich und Thea Harenburg (geb. Marienberg), 28.2.1941. Privatbesitz Uwe Marienberg.

Die Lüneburgerin Thea Marienberg wehrte sich gegen ihre Sterilisation. Sie wäre durch ein »Ehetauglichkeitszeugnis« des Gesundheitsamts Hamburg beinahe erfolgreich gewesen. Dieses stand im Widerspruch zum Beschluss des Erbgesundheitsgerichtes Lüneburg, der am gleichen Tag erging. Weil das Hamburger Amt das Zeugnis auf Drängen von Hans Rohlfing zurückzog, scheiterte ihr Einspruch. Sie erhielt erst nach ihrer Zwangssterilisation die Heiratserlaubnis.

Nach der Machtübernahme der NSDAP im Januar 1933 wurde in Deutschland zügig ein Sterilisationsgesetz eingeführt, das im Unterschied zu den internationalen Vorbildern die ungehinderte Zwangssterilisation ermöglichte, d. h. eine Unfruchtbarmachung auch gegen den Willen Betroffener. Das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« wurde am 14. Juli 1933 verabschiedet und trat am 1. Januar 1934 in Kraft.

Mehr als 820 Menschen wurden gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht. In Lüneburg gab es dazu über 2.400 Gerichtsverfahren. Die meisten Urteile wurden mit »angeborenem und sozialem Schwachsinn« begründet. Viele Betroffene waren erst 14 Jahre alt. Wenn zur Zwangssterilisation verurteilte Frauen schwanger waren, kam es zu Zwangsabtreibungen. Bei Männern gab es Kastrationen auf Grundlage des »Gesetzes gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher«. Dabei konnten auch die äußeren Geschlechtsorgane entfernt werden.

Mehr als die Hälfte der Zwangssterilisationen wurde im Städtischen Krankenhaus Lüneburg durchgeführt. Der einzige vorhandene Operationssaal wurde oft dafür belegt. Der Eingriff wurde gut bezahlt. Auch in der Landesfrauenklinik Celle, im St. Viti-Krankenhaus Uelzen, im Hafenkrankenhaus Hamburg, im Krankenhaus Hamburg St. Georg, im Henriettenstift Hannover und im Städtischen Krankenhaus Hildesheim wurden Zwangssterilisationen durchgeführt.

In den Grenzen des Deutschen Reiches wurden in den Jahren 1934 bis 1945 insgesamt 400.000 Frauen und Männer sterilisiert. Rund 5.000 starben infolge des Eingriffs, zwei Sterbefälle sind im Zusammenhang mit Beschlüssen des Lüneburger Erbgesundheitsgerichtes bekannt.

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